Wie führt man Zielgruppeninterviews ohne Verkaufsdruck?
„Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt: schnellere Pferde.“ Bekannt ist dieses Zitat von Henry Ford. Wir wissen jedoch, dass Henry Ford NICHT damit gemeint hat, dass es unwichtig ist, Kunden zu befragen. Im Gegenteil, es ist immens wichtig, Kunden-Interviews immer wieder während des Innovationsprozesses durchzuführen. Die Frage ist, wie kann man „smart“ Fragen stellen, um sinnvolles Feedback für Innovation zu bekommen.
Interview mit Design Thinking Coach Jörg Stroisch
Mit Jörg Stroisch – Fachjournalist und Design Thinking Coach – haben wir ein Gespräch geführt, in dem er seine Erfahrungen rund um Kunden-Interviews teilt.
Jörg, als Fachjournalist mit mehr als 20 Jahren Erfahrung hast Du bestimmt mit vielen Leuten Interviews geführt. Kannst Du erzählen, was ein Interview im journalistischen Kontext ist?
Im Journalismus wird das Interview in zwei Formen eingesetzt. Die eine Form ist ein Interview als Stilform, das heißt, ein Interview wird als Frage-Antwort-Text verfasst.
In diesem Format spielt Dramaturgie eine sehr große Rolle. Es ist wichtig, zu beachten, wie man fragt, was man als Antwort erhält, wie man das Interview zusammenkürzt, damit es nicht zu belanglos ist, sondern ein reizvoller Text für die Leserinnen und Leser wird.
Aus diesem Grund ist es in den Medien, wie z.B. in Radio-, Fernsehsendungen oder Podcasts, eine hohe Kunst, ein gutes Interview zu haben, weil man wenig Einfluss auf die Dramaturgie hat. Interviews, die wir in den Medien sehen, haben neben dem informierenden auch typischerweise einen Entertainment-Charakter.
Das zweite journalistische Einsatzgebiet für Interviews ist die Recherche. Es gibt eine Regel: Aus einem schlechten Interview als Stilform kannst Du immer einen guten Beitrag machen. Selbst bei schlechten Interviews findet man meistens zwei oder drei interessante, provokante, kommentierende Einschätzungen, die Du einfach als Zitat in einem klassischen Bericht einbinden kannst.
Die Zielsetzung eines Interviews im journalistischen Kontext ist immer, zu informieren, zu unterhalten, zu kommentieren – die Leserinnen & Leser stehen im absoluten Fokus.
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Als Coach bringst Du Deinen Coachees bei, wie man Kunden-Interviews im Innovationsprozess führt. Was ist der Unterschied zu journalistischen Interviews?
Der Unterschied ist die andere Zielrichtung: In einem Kunden-Interview im Innovationsprozess brauche ich niemanden zu informieren oder zu unterhalten. Sondern ich möchte mehr von meinem Interviewpartner erfahren. Es geht darum, die Wünsche, Ängste und die Bedürfnisse des Kunden zu erfahren.
Man muss aber sagen, dass die Vorgehensweise, die Methode bei journalistischen und Kunden-Interviews identisch ist. Das inhaltliche Interesse ist aber anders.
Was macht ein gutes Kunden-Interview aus?
Ein gutes Kunden-Interview fasst keine pauschalen Allgemeinsätze zusammen, also Statements, die jeder hätte sagen können. Das Konkrete und Besondere des Kunden steht im Vordergrund. Für das Marketing zum Beispiel, versucht man dann daraus erst im zweiten Schritt eine allgemeingültige Persona zu generieren. Im Innovationsprozess würde ich den Interviewpartner hingegen in der User Story, Persona oder Empathy Map – oder welche Methode auch immer – immer exakt so abbilden, wie die Person tickt, also nichts Generisches daraus entwickeln.
In einem guten Kunden-Interview hört der Interviewer aktiv zu. Es gibt sicher interessante Aussagen, die jenseits dessen liegen, was ich mir am Schreibtisch schon vorstellen konnte. Genau diese Aussagen sind es, die mich triggern, mir dabei helfen, meine Idee zu überdenken.
Allein für diese Aussagen mache ich Kunden-Interviews. Sie machen das Kunden-Interview spannend und triggern mich. Es geht nicht darum, Allgemeinweisheiten bestätigt zu bekommen, sondern neue Gedanken und Ideen daraus zu generieren.
Mit mehr als 20 Jahren Berufserfahrung als Journalist: Hast Du noch Schwierigkeiten im Interviewführen im Innovationsprozess?
Nein (lacht).
Tatsächlich habe ich die Erfahrungen nur sehr selten gemacht, dass zum Beispiel mein Interviewpartner kein Interesse gezeigt hat, das geplante Interview zu führen. Oder dass ich Probleme mit der Freigabe hatte – bei journalistischen Kontexten lasse ich jedes Zitat von den Interviewpartnern freigeben. Man kann nicht alles durchplanen: Das ist die wichtigste Erkenntnis. Die Erfahrung spielt einfach eine unglaublich große Rolle. Und natürlich habe ich durch meine jahrelange Erfahrung als Journalist kein Problem damit, Kunden-Interviews zu führen, egal, ob als Journalist – oder im Kontext von Innovation.
Hast Du ein paar Tipps für uns?
Mein Interviewpartner muss in einen guten Flow kommen.
Das bedeutet, dass ich immer versuche, ein normales Gespräch mit meinem Interviewpartner aufzubauen. Er soll nicht diese asymmetrische Situation, dass der Interviewer die Macht hat und der Interviewpartner machtlos Fragen ausgeliefert ist, spüren. Das wäre sehr schlecht.
Small Talks sind dabei sehr hilfreich. Es ist auch normal, dass ein Interviewpartner am Anfang eines Gesprächs ziemlich abstrakt spricht. Langsam wird das Gespräch offener. Die Zunge des Interviewpartners löst sich und er wird konkreter erzählen.
Hast Du ein paar „DON‘Ts“ für gute Kunden-Interviews?
Ich mache keine 20 Seiten Leitfragen und führen diese dann nacheinander. Man darf sich nicht sklavisch an Leitfragen halten. Wenn man das macht, kann das zu einer Verhör-Situation führen. Der Interviewpartner würde sich nicht wohl in der Gesprächssituation fühlen, sondern er fühlt sich ausgefragt. In so einer Situation bekommen wir definitiv nicht die interessantesten Antworten. Sprich: Es entsteht kein guter Flow.
Oftmals werden Regeln aufgestellt, wie „keine geschlossene Fragestellung“ und „stelle offenen Fragen“. Diese Prinzipien sind Unsinn, sie funktionieren in der Realität nicht. Das Gleiche gilt für die Vorstellung, dass ein Interviewer nichts kommentieren darf. Natürlich darf der das! Wer solche Regeln eins zu eins umsetzt, sorgt für eine Verhör-Situation.
Die 5-mal-Warum-Technik, die im agilen Umfeld gerne zitiert wird, ist aus dem gleichen Grund Unsinn. Wer mehrfach hintereinander einfach stoisch „Warum?“ fragt, erzeugt – wie könnte es anders sein – eine unschöne Interview-Atmosphäre. Natürlich sollte man unbedingt nachfragen, aber nicht schematisch. Wir fragen nach, weil wir wirklich neugierig sind, mehr und tiefer über die Meinungen unsere Interviewpartner erfahren möchten, über seine Wünsche, Bedürfnisse und Ängste.
Vereinfacht gesagt sorgt man dafür, dass sich der Interviewpartner in einer angenehmen Situation befindet und das Gefühl hat, dass der Gegenüber sich tatsächlich Gedanken macht, und tatsächlich an einem interessiert ist.
Jörg, recht herzlichen Dank für das Interview zum Thema Interview.
Sehr gerne.
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TOM SPIKE akquiriert Gesprächstermine oder führt Interviews in Ihrem Auftrag
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