Zu-spät-am-Markt. Langsamer-als-der-Wettbewerb. Eine Gefahr aber nicht das Hauptproblem bei Innovation.
Innovation muss schnell sein. Das wissen alle. Denn bei Innovation gibt es keinen zweiten Platz, kein B-Patent und selten gute Trostpreise. Die Konkurrenz schläft nicht, Startups sind beweglicher, und neue Technologien verbreiten sich in Rekordzeit. Schnell auf den Markt ist also das Ziel. Schneller als die anderen, schneller als der nächste Trend.
Diese Sichtweise ist sicher nicht falsch. Aber nur die halbe Wahrheit. Denn die eigentliche Gefahr für Innovationsprojekte lauert nicht draußen im Markt. Es sind nicht der Wettbewerb, der Trend oder die Endverbraucher die Innovation überholen. Die Gefahr kommt von innen. Aus dem eigenen Unternehmen.
Während wir gebannt auf die Mitbewerber schauen, bleiben interne Entwicklungen im Unternehmen häufig unbeachtet. Und so scheitern Innovationsprojekte selten, weil der Markt sie nicht mehr will. Sie scheitern, weil sie nicht fertig werden. 8 von 10 Innovationen werden intern gestoppt, bevor sie sich am Markt beweisen können.
Cancel Culture: Wenn Innovation im Unternehmen gestrichen wird
Studien und Erfahrungswerte zeigen ein düsteres Bild: Rund 90 % aller Innovationsprojekte scheitern, oft bevor sie überhaupt in eine Umsetzung gehen. Nicht, weil sie schlecht geplant wären – sondern weil sie den internen Anforderungen nicht standhalten.
Was passiert? Unternehmen verändern sich ständig:
- Strategien werden neu ausgerichtet
- Fokus und Budgets verschieben sich
- Führungspositionen werden neu besetzt
- Strukturen werden reorganisiert
- Wirtschaftliche Unsicherheiten führen zu Sparkursen
Und in all diesen Fällen steht Innovation ganz oben auf der Streichliste. Warum?
Weil sie zu langsam, zu unsicher oder zu abstrakt wirkt. Projekte, die nicht schnell konkrete Ergebnisse liefern, gelten als riskant oder „nice to have“. Und verlieren damit schnell ihre Relevanz im internen Machtgefüge.
Doch sollten faule Innovationen nicht aussortiert werden?
Absolut. Es ist gut, wenn faule Eier aussortiert werden. Nicht gut, wenn Vorhaben pauschal gestoppt werden. Und das ist fast immer der Fall. Das zeigt auch die äußerst kurze Halbwertszeit des Innovationsmanagers. Im Schnitt ist sie oder er den Posten nach zwei Jahren bereits wieder los. Andere Prioritäten. Innovation war ein kurzer Abstecher aus Zeiten wo das Geld zu locker saß.
In der öffentlichen Wahrnehmung ist es der Markt, der Innovation unter Druck setzt. Doch in Wirklichkeit ist es oft das eigene Unternehmen, das keine Geduld mehr hat. In dem Moment, in dem sich Prioritäten ändern, kommt allen Innovation zu langsam vor. Noch viel langsamer und riskanter als ohnehin bekannt:
- Unwägbares Risiko
- Nutzen nicht klar quantifizierbar
- Spielereien und Gespinste der früheren Führungsebene
- Und der Rückzug auf das Altbewährte wirkt plötzlich verlockend: „Konzentrieren wir uns lieber auf das, was wir wirklich können: Kontinuierliche Verbesserung.“
So werden Projekte gestrichen – unabhängig vom tatsächlichen Potenzial.
Schnelligkeit als Überlebensfaktor
In diesem Kontext bekommt „schnelle Innovation“ eine neue Bedeutung. Es geht nicht (nur) darum, schneller als die Konkurrenz zu sein. Es geht darum, schneller als die nächste Reorganisation zu sein.
Schnelligkeit ist im Unternehmenskontext kein Wettbewerbsvorteil – sie ist ein Schutzschild. Wer schnell ist, schafft es vielleicht noch über die Ziellinie, bevor sich die Rahmenbedingungen ändern.
Strandet Innovation vor der Ziellinie, dann oft mit langfristigen Folgen:
- Persönliche Brandmarkung der Beteiligten als Zeit- und Geldverschwender
- Auflösung der Innovationsabteilung
- Innovation als verbrannter Begriff (haben wir versucht. Hat nicht geklappt. Schluss damit!)
- 5 Jahre und mehr Karenz bis das Thema Innovation einen Neuanlauf bekommen kann
- verlorene Potenziale und Ideen, die beim nächsten Anlauf längst ein alter Hut wären
Schnelle Innovation oder mehr Geduld: Was funktioniert wirklich?
Mehr Geduld schafft Spielraum für Innovation, um doch noch zum Erfolg zu kommen. Schnellere Innovationen haben die Geduld vielleicht gar nicht nötig. Beide Richtungen können helfen.
Die drei wichtigsten Ansätze, damit Innovationsideen den Weg zum Markt überleben
1. Strategische Relevanz der Innovation erhöhen
Viele Perspektiven ändern sich. Bei der Reorganisation, beim Führungswechsel und bei Wirtschaftsflaute. Eine Überlebenschance haben Innovationsthemen, die auch in der „neuen Welt“ noch relevant sind. Häufig sind das die Folgenden:
- Innovationen, die zur Unternehmensstrategie passen: Passende Märkte und Absatzregionen. Aufbau zukunftsrelevanter Kompetenzen. Auf Unternehmenswerte abgestimmte Innovationsvorhaben.
- Innovationen, die sich an weiter wachsenden Trends orientieren.
- Innovationen, die viele Unterstützer haben. In der Unternehmensführung, bei den Inhabern und bei weiteren Stakeholdern wie Beiräten, Betriebsräten und Meinungsbildnern.
Diese Passung abzusichern ist wichtig. Bevor Innvationsvorhaben gestartet werden. Und hier darf ruhig etwas mehr Zeit in Kauf genommen werden. Stakeholder-Management und strategisches Alignment zahlt sich für Innovation aus! Ganz im Gegenteil zur landläufigen Meinung, dass Innovation Bottom-up und möglichst geheim als U-Boot-Projekte zum Erfolg werden sollten.
2. Innovationsvorhaben beschleunigen
Ein Sprichwort sagt, man kann nicht mit den Gänsen über Weihnachten diskutieren. In ähnlicher Weise kann man schlecht mit Technikern darüber diskutieren, wie lange es dauert Innovationen und Zukunftslösungen zu entwickeln. „Es dauert eben so lange, wie es dauert“ ist häufig die Antwort.
Aber natürlich lassen sich Innovationsvorhaben beschleunigen. Schneller werden Innovationen besonders durch:
- Zeitliche Rahmensetzung und Mut zur Unvollkommenheit: Lieber in 6 Monaten zur 80% Lösung mit fertigem Pitch als drei Jahre und noch immer keine Entscheidung. Trotzdem dabei sein müssen: Technische Machbarkeit, Business Case und Feedback vom Markt. (Das Innovationswunder schafft genau das)
- Verkürzung der Lastenhefte: Minimum Viable Product und erste Produktgenerationen statt ausufernder Feature-Listen und Over-Engineering. „Groß denken – klein starten“
- Enge Zusammenarbeit im Kernteam statt Arbeitsteilung, E-Mail-Ping-Pong und Dauerschleifen: Mit den richtigen Personen an einem Tisch schafft man in 3 Tagen mehr als sonst in einem ganzen Monat. Ein Plädoyer für kompakte Innovationsworkshops.
- Schneller Scheitern: Wer es schafft, bereits am Markt zu scheitern, bevor die nächste Reorganisation startet, der hat zwar keinen Markterfolg geschafft, aber zumindest bewiesen, dass es ohnehin nicht geklappt hätte. Nicht das perfekte Ende. Aber immer noch besser als verlorenen Chancen hinterherzutrauern und nie zu erfahren, ob es hätte klappen können. Und vielleicht bestätigt sich ja auch die positive Annahme, dass der Markt die Innovation wirklich haben möchte.
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3. Überforderung der vorhandenen Kapazitäten vermeiden
Die Entwicklung von Innovationsprojekten ist in den meisten Fällen gar nicht zu langsam. Die Wahrheit ist: Es wird überhaupt nicht daran gearbeitet. In der Praxis gibt es 60 Entwickler, eine „Liste laufender Innovationsprojekte“ mit 100 Einträgen und im Tagesgeschäft passiert rein gar nichts an diesen Themen. Innovation ist dann nicht langsam. Sie liegt einfach herum und nichts passiert. Dagegen hilft:
- Projekte aussortieren. Eine Organisation mit 500 Beschäftigten schafft realistisch betrachtet nicht mehr als 1-2 echte Innovationsprojekte pro Jahr. Zu viel Wildwuchs ist häufig ein Hinweis auf einen schlechten Innovationsprozess.
- Fokus schaffen: Wenn nur der Freitagnachmittag zur Verfügung steht, dann entwickelt niemand das nächste erste iPhone, SpaceX oder anderes Bahnbrechendes. 50% der Arbeitszeit sollten es mindestens sein. Zumindest als Ambition und eigener Anspruch; selbst wenn am Ende nur 40% klappen.
- Die üblichen Verdächtigen Experten zurückstellen: Innovationsprojekte müssen nicht mit Fachexperten vollgepackt sein. Was es braucht sind ein paar Junge Wilde und gerne auch motivierte Beschäftigte aus der zweiten und dritten Reihe. Und aus anderen Funktionsbereichen. Wenn es mal Experten braucht, dann holt das Team punktuell Rat und Unterstützung ein. Das entlastet die typischen Verdächtigen und diejenigen, die sich ohnehin unterbesetzt und überbeansprucht fühlen.
- Kapazitäten aufbauen: Innovation heißt Investition. Innovation einfach „on top“ in die bestehende Ressourcenplanung hineinschmuggeln, hat wenig Chance auf Erfolg. Nicht nur wegen des faktisch hohen Aufwandes. Sondern auch weil das Zeichen des Commitments aus der Unternehmensführung fehlt.
Bonus: Innovative U-Boot Projekte und das Prinzip Hoffnung
Die geheime Hoffnung im großen Konzern. Das U-Boot-Projekt, das gerade deshalb ans Ziel kommt, weil niemand wusste, dass es existiert. Die Erfolgsbeispiele sind wahrlich überschaubar. Die Zahl der ausgebrannten Beschäftigten, die viel Lebenszeit in gescheiterte Träume investiert haben deutlich höher. Doch möglich ist es natürlich. Und wird auch von ernstzunehmenden Größen wie Gunther Dück (ehem. CTO bei IBM) aktiv propagiert. Erfolgsfaktoren für U-Boot-Projekte:
- Geheim arbeiten: Technische Machbarkeit entwickeln ohne zusätzliches Budget genehmigen zu lassen.
- Keinen Staub aufwirbeln: Alles vermeiden, was Freigaben und zusätzliche Öffentlichkeit benötigt.
- Loyale Verbündete: Sicherstellen, dass nur engste Vertraute wissen, was passiert. Jeder Mitwisser ist ein potenzieller Fahnenflüchtiger.
- Geduld beweisen: Den perfekten Moment abwarten, um die Vorarbeit als QuickWin anzubieten. Für ein aktuelles Kundenprojekt oder ein anderes, ungelöstes Problem
Fazit für Innovation im Unternehmen: Sei schnell. Oder Du bist erledigt.
Corporate Innovation heißt:
- Sei schnell.
- Oder werde gecancelled.
- Die Konkurrenz ist nur Dein zweitgrößtes Problem.
Die wahre Herausforderung für Innovation liegt nicht nur im Außen. Sie liegt im Inneren des Unternehmens. Wer das erkennt, kann Innovationsprojekte ander denken: als Investitionen mit nur begrenztem Welpenschutz. Als mögliche Beute für die nächste Kosteneinsparung. Als alternativlose Chance für Alleinstellung am Markt und eine sichere Unternehmenszukunft.
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Unternehmensberatung ist Vertrauenssache. Sprechen wir kurz über Ihre Herausforderung und finden wir heraus, ob es für eine Zusammenarbeit passen könnte.
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B2B-Unternehmen suchen Produkt und Geschäft der Zukunft. TOM SPIKE hilft Unternehmen, diese Zukunft aufzubauen. Für Alleinstellung am Markt, schneller als der Wettbewerb und unter Berücksichtigung der jeweiligen Organisation. Je nach Aufgabenstellung durch einzelne Innovationsworkshops, umfassende Beratung oder minimal-invasives Coaching.