„Wer nicht mit der Zeit geht, muss mit der Zeit gehen.“
(aus dem Vortrag von Habib Lesevic)
Wohin? Egal! Fahr erstmal los!
Sagen wir, die Besucher der diesjährigen Technologie Innovation Days im 3IT am Fraunhofer HHI sind so was wie Kolumbus, die Technologiepartner Lawo, Sony und Rohde & Schwarz plus andere supportende Branchenexperten sind die Santa Maria und der Gesamtüberblick über den Rundfunkmarkt das zu entdeckende Amerika. Aber wo liegt das denn genau und wie kommt man dahin? Egal, erst mal Richtung Neuland! Und so peitschte der frische Wind die Segel der tapferen Besatzung durch eine zweitägige Odyssee voller spannender Vorträge und lehrreicher Workshops zu Themen und Fragestellungen wie:
- Cloud Production – Virtual Production
- IP Live – IP Infrastruktur
- Mensch, Technik und Effizienz
- Der Faktor Mensch
- Was sind die Barrieren in den aktuellen Projekten? Wie können wir die Ängste vor Veränderungen überwinden?
- Wie geht die Industrie mit NMOS um?
Angriff der Killer-Tomaten
Februar, kurz nach 10:00, meine Hände zu schießwütigen Magnums geformt, die den unverschämt attraktiven Boy im Fahrstuhlspiegel anvisieren. Ich lade, entsichere und PIFF und PA… weiter komme ich nicht, denn das damaszener-Stahl-scharfe, leicht verwunderte
„Hi“, der sympathischen jungen Frau am Empfang grätscht mich eiskalt aus der Selbstmotivationssession. „Zu den Innovation Days, einmal hier entlang bitte.“, fügt sie leicht verschämt mit einer wegweisenden Handbewegung abschließend hinzu.
„Wie lange die Fahrstuhltür wohl schon aufstand???“, frage ich mich, verdränge die Frage aber lieber schnell und husche mit einem Kopf, bereit für die Hauptrolle in Angriff der Killertomaten, ins Innere der Eventlocation.
Netflix durch, wann kommt Netflix zwei?
Schnell werden die thematischen Schwerpunkte der Veranstaltung klar, also mir nicht, aber anscheinend allen anderen oder zumindest gucken die so. Ich versuche mir also das Fragezeichen aus dem Gesicht zu wischen und mehr so aha-ja-natürlich-bitte-weiter-im-Text mäßig zu gucken, denn es geht um IP-Technologien, Innovationen, neuen Streaming-Anbieter und Geschäftsmodelle, die sowohl Chancen als auch Herausforderungen schaffen. Der scheinbar grenzenlose Appetit der Verbraucher auf Inhalte ist laut Alain Polgars (Gründer / Managing Director – mediaSTRAT) einleitendem Vortrag eine gute Nachricht. Kann ich bestätigen, meine Freundin und ich haben Netflix durch und warten auf den zweiten Teil. Aber was uns beiden die Last altmodischer Kommunikationsgewohnheiten wie dem Miteinanderreden von den Schultern nimmt, erfordert auf unternehmerischer Ebene zwingend Anpassungen und wirkt sich, auch wenn unterschiedlich, auf das gesamte Produktions- und Distributionsökosystem aus. Wer jetzt produktbasierte Lösungsansätze erwartet kommt leider etwas zu kurz, denn laut Martin Olff (Head of Sales – LAWO) „…geht es bei den diesjährigen Inno Days nicht um Firmen und Produkte, sondern um Technologien und die Symbiose zwischen dem, was die Leute bewegt und dem was die Firmen anzubieten haben.“
Blaue oder rote Pille?
„Embrace the Human Factor“, lautet der Appell des nächsten auffällig dynamisch gestikulierenden Moderatoren, der seine lauschende Dromedar Herde mit viel Geschick entlang der Oasen der Wüste des Frontalvortrags navigiert. Dabei klärt Habin Lesevic von Journey 2 Creation aus Berlin Fragen wie „Welchen Mehrwert kann der Mensch in einer KI-getriebenen Welt noch schaffen?“ oder: „Wo kommt in Zukunft der Wettbewerbsvorteil her?“.
Bei mir macht sich Endzeit-Stimmung breit und ich denk an die Szene aus dem ersten Teil von Matrix, in der die Menschen in künstlichen Brutkästen von Robotern herangezogen werden, diesen aber nie verlassen, weil ihre Körper von den Maschinen lediglich zur Energiegewinnung genutzt werden. Doch Habib meint, bevor wir soweit sind, dass nur noch Neo und Morpheus unsere Allerwertesten retten können, sollten wir versuchen die Veränderungen aufzugreifen und den Beschäftigten den Wandel zu erklären, um diese mitzunehmen. Das setzt allerdings die Qualifizierung zum systematischen Erwerb neuer Kompetenzen voraus. Und das betrifft nicht nur Lasse von der Kasse oder die Sabine an der Maschine, neue Kompetenzen wie IT-Kenntnisse in allen Arbeitsbereichen, neue Arbeitsformen wie mobiles Arbeiten oder Projektarbeit in interdisziplinären Teams erfordern auch neue Führungsprinzipien von Hektor dem Direktor.
IP- Ya-Yeah, Schweinebacke!
Einige Vorträge und ein Mittagessen später, eine wichtige Anmerkung: Entweder kein weißes Shirt, oder keine Tomatensoße mehr auf Firmenevents!
En passant noch die Geschichte über den spiegelglatten Boden der Eventlocation, der mich dazu zwang, die Schuhe auszuziehen, weil jedes Aufsetzen der traumhaft weichen Gummisohle meiner NikeAir VaporMax ein Quietschen erzeugte, das die Stimmen der Speaker wie ein schwarzes Loch in sich hineinsog und mit jedem Schritt lauter wurde. Ein Glück, dass die Socken frisch waren… Übrigens zum Thema Geschichten erzählen, hatte Michael Bauer (Key Account Manager – Vizrt) auch was beizutragen, zugegeben nicht mit demselben Blockbuster-Charakter wie meine Sockenstory, aber das mag der Rest des gesiteten (im Sinne von to sit) Publikums anders gesehen haben. Laut Herrn Bauer steht uns eine Revolution bevor, die # SDVS-Revolution und das steht nicht für eine weitere ausbeutende Casting Show mit Dieter oder Heidi, nein hiermit ist das Software Defined Story Telling gemeint. Denn Insidern ist bekannt, dass IP Infrastrukturen und moderne Software Lösungen unumgänglich zur Umsetzung von wirtschaftlichen und effizienten multimedialen
Produktionslandschaften sind. Ich muss kurz googeln, was ich hier eigentlich geschrieben habe…. Ahhh ja!
„SDVS hat es Fernsehsendern bereits ermöglicht, ein neues Publikum zu erreichen. Dadurch können die Eltern eines krebskranken Kindes die Welt um Patenschaften bitten. Lokale Sportteams streamen ihre Veranstaltungen in ihre Gemeinden, Schulkinder interagieren mit großartigen Künstlern und Wissenschaftlern und lassen sich von ihnen inspirieren.
Des Weiteren hat SDVS auch den Umfang der Videoproduktion erweitert. Wenn sich Ihr Studio in London befindet, Sie jedoch eine Live-Aufnahme von Reykjavik benötigen, ermöglichen SDVS und das globale IP-Ökosystem dies, ohne die Kosten zu beeinträchtigen. Auf diese und andere Weise demokratisieren SDVS-Storytelling-Tools die hochwertige Videoproduktion. Angesichts der enormen Menge an Inhalten, die unsere Bildschirme überfluten, war die Notwendigkeit, wichtige Geschichten mit wirkungsvollen Videos zu erzählen, nie größer.“ Hätte ich nicht besser ausdrücken können!
Hasta la vista, baby!
Bevor wir uns mit Arnis Worten verabschieden möchte ich ein eine letzte Frage in die Runde werfen. Warum kriegt man bei diesem Ausmaß an geballter Expertise es nicht hin die Mehrheit der Vorträge ohne technische Probleme abzuwickeln. Klar als Außenstehender hat man immer gut reden und ich persönlich schaffe es nicht mal den Teletext aufzurufen, aber es ist doch schon witzig zu sehen, wie man über Flashspeicher und Software-Defined Storage (SDS) (optimal bei der Planung, Erstellung und Bereitstellung von Speicherlösungen für Big Data und KI) philosophiert aber nach Hilfe ruft, weil das eingebundene YouTube-Video in der PP Präsi nicht abspielt. Da kommt mir der Gedanke, dass die Technik allein uns vielleicht nicht die Sterne vom Himmel holen wird, solange dahinter nicht ein Herz steckt, dass nicht nur schlagen tut, sondern für das schlägt was es tut.