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Ich habe Recht-Schreibung

Wie beeinflussen Persönlichkeitsmerkmale die Interpretation von Sprache & Rechtschreibung? Und was hat das mit Innovation zu tun?

Für mich als russischstämmigen zugezogenen Berliner aus Kreuzberg sind Sätze wie: „Wir treffen uns Schischa Bar, aber vorher bin ich Solarium…“, schon zur Normalität geworden, vielleicht empfinde ich deshalb einen inflationären Umgang mit Artikeln eher als Zeitverschwendung. Kommunikation fällt heute ja im allgemeinen etwas knapper aus, ich mein, du versuchst den neuen Match auf Tinder von deinen Alphaqualitäten zu überzeugen, da snappt dich dein bester Freund mit Pics vom letzten Party-Hopping an, kaum hast du dein LOL fertiggetippt, fällt dir ein, dass du ja Lil Pump‘s heiß ersehnten Live Stream auf Insta kommentieren wolltest…

Handy-Bildschirm

Doch es ploppt wieder der Messanger auf, weil deine Tante aus Sibirien jetzt auch Facebook hat und sich nun verstärkt um dein Wohlbefinden sorgt und zu allem Übel folgt das große Finale in Form eines Videoanrufs über What‘s App, denn es sieht aus, als hätte deine Freundin dieselben Pics vom letzten Party-Hopping mit deinen Brudies erhalten… Wie soll man da denn ausschweifend werden, auf Recht-, Groß- und Kleinschreibung oder Satzstellung achten, da bleibt nur noch Zeit für ein alles Sagendes OMG! Ich weiß, das klingt jetzt gar nicht #Baba für alle Liebhaber des akkuraten mündlichen und schriftlichen Kommunikationsmittels, aber ich schwör, es ist noch nicht alles verloren.

Von der Rechtschreibung zum Recht haben…

Denn rhetorisch düstere Zeiten wie diese, in denen verbale Delinquenten wie ich die deutsche Sprache immer mehr Richtung Abgrund peitschen, lassen wahre Grammar Heroes aus dem Reich der Rechtschreibung emporsteigen. Diese Hoffnungsträger der Eloquenz widmen ihre Lebenszeit, nein natürlich nicht der Rettung oder dem Erhalt einer wissenschaftlich geprüften Ausdrucksart, dieses Kreuz des Versagens soll mal schön das Bildungssystem auf sich nehmen. Diese mentalen Oktoberfesthemden haben eine wichtigere Mission, sie kommentieren viel lieber selbstzufrieden grinsend und Hände reibend, schriftlich und lautstark, meine und alle weiteren von – zugegeben manchmal echt peinlichen –  Fehlern übersäte Facebook- oder Insta-Posts, Blogbeiträge, oder jegliche andere Kommunikationsversuche, die sprachliche Grenzüberschreitungen aufweisen.

Wörterbuch zur Rechtschreibung

Es ist also noch Tunnel am Ende des Lichts! Doch Obacht ist geboten, wer sich jetzt denkt: „Man, ich will auch in den Club der Superlesebrillen und mich vor versammelter Mannschaft als zuvorkommend getarnt in Genugtuung baden“, der sollte gewarnt sein. Das Schicksal derartiger Würdenträger sucht man sich nicht aus, mit diesen von Gott persönlich überreichten Gaben kann man nur geboren werden. Ok, natürlich kannst auch du dich auf das höchste Bildungsniveau klugscheißern, ehrgeizig Sprachwissenschaften und die richtige Rechtschreibung studieren, die Brille nicht mal im Schlaf abnehmen, dann werden sicher auch dir die sprachlichen Barrieren des intellektuellen Bodensatzes der Gesellschaft ins Auge stechen. Aber es könnte dennoch durchaus passieren, dass dir der winselnde Schrei nach grammatikalischer Gerechtigkeit entgeht und dich nicht sofort berufen fühlst, die Welt in Form eines „Verzeihung, ich glaube, das heißt…“ zu retten. Sorry, nicht meine Idee!

Was schreibt die Forschung?

„Forscher der Universität von Michigan zeigten einer Gruppe von 83 Menschen zwei verschiedene Texte: einer war gespickt mit typographischen Fehlern, der andere mit verbreiteten Grammatikfehlern. Der Inhalt der Nachrichten war identisch. Die Forscher wollten herausfinden, wie die Studienteilnehmer die Verfasser der jeweiligen Texte im Anschluss beurteilen. Wie sehr stören sie die Rechtschreib- und Grammatikfehler und wie hängen ihre Reaktionen mit ihrem Profil beim „Big Five“-Persönlichkeitstest zusammen? Aus den Ergebnissen folgerten die Forscher, dass sich weniger verträgliche Personen eher an Grammatikfehlern stören, während gewissenhaftere und weniger offene Personen empfindlicher auf Rechtschreibfehler reagieren.

Gehirn-Forschung

Extrovertierte Menschen seien in beiden Fällen nachsichtiger, introvertierte dagegen besonders kritisch gegenüber Tippern.“ (Quelle: Bento.de)

Ich finde das Ergebnis dieser Studie lädt zu mehr Nachsicht, Verständnis und Nächstenliebe ein. Wenn mich also das nächste Mal die Grammatikpolizei öffentlich in Handschellen legt, werde ich mich an das obige Zitat erinnern und den Kommissaren im Anschluss meine Freundschaft anbieten, um ihre soziale Kompetenzen zu fördern. ;D

ENDE… nicht!

„Liest sich alles sehr flüssig, aber am Ende stehe ich da und denke mir, was mache ich jetzt daraus? Was für ein Typ bin ich? Die Verbindung zur Innovation sollte nun geschaffen werden.“ … das ernüchternde Feedback meines Vorgesetzten auf meinen kleinen poetischen Racheakt an allen Rechtschreibefüchsen dieser Welt.

Sheriff mit Gewehr

Daher an dieser Stelle die Einladung an alle Recht-Schrei(b)er & Revolverhelden im Business-Hemd zum längst überfälligen Final Shootout: Weiteres Feedback zu diesem Beitrag ist also ausdrücklich erwünscht!

Funky Prolo-Typen vs. funktionierende Prototypen

Ich meine, persönliche Interpretation von Sprache, basierend auf den unterschiedlichen Charaktertypen, spiegelt sich auch in der Fehlerkultur wieder. Das bedeutet um ein tightes A-Team auf die Beine zu stellen, brauchen wir die pingeligen introvertierten Murdocks genauso wie die grobmotorischen Brecher à la Mr. T.

Oder wie Herr Nagel, übrigens ein echter Babo im Bereich Innovation, sagen würde:

„Fehlertoleranz ist ja sicher in den Konzept- und Prototypen-Phasen wichtig. Bei der Detailentwicklung eines Produkts sollte dann alles zu 100% funktionieren. Im Umkehrschluss heißt das: ich benötige verschiedene Persönlichkeiten in verschiedenen Phasen einer Innovationsentwicklung. Sei es für Produkte, Geschäftsmodelle oder sonst was. Zu Beginn in der Konzeptphase fehlertolerant, aber später detailorientiert. Könnte man das noch mit einfließen lassen?“

Ja, Herr Nagel, kann man!

Peace!

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